Nur die Harten kommen in…

                                                                  … den Weinberg!!!

Freitagmorgen kurz vor 7.00 Uhr kommen wir am Service Park in Trier an. Ein Blick in den schlafenden Service Park versprach noch keine große Spannung. Der Blick in den Himmel dagegen schon eher. Die geographische Nähe zur Eifel sorgte nicht nur bei den Teams, sondern auch bei den Fans für erste Kopfschmerzen. Wie würde sich das Wetter im Laufe des Tages entwickeln? Frohen Mutes betraten wir kurz nach 7.00 Uhr den Service Park

und hatten das Glück, dass bereits ein Team ihren Autos den „Pyjama“ ausgezogen hatte. Für die Fotographen unter uns eine hervorragende Möglichkeit bereits ein paar Schnappschüsse der Fahrzeuge zu erhaschen.Nach und nach erwachte der Service Park aus seinem Schönheitsschlaf und die Vorbereitungen an den Autos waren im vollen Gange. Dabei hat mich besonders die ruhige und saubere Arbeit der Mechaniker fasziniert, mit welcher Präzision und technischem Geschick sie die Autos für die Piloten präparieren. Aber nicht nur bei den Teams sondern auch die ersten Verpflegungs- und Merchandising-

stände öffneten ihre Pforten, was bei uns fast ebenso großes Interesse weckte, da einige von uns schon seit 5.00 Uhr auf den Beinen waren und sich ihren Kaffee redlich verdient haben.

Die Anderen konnten sich aber auch für die Fanartikel ihrer Idole erwärmen und strömten zu den jeweiligen Team-Fan-Verkaufsständen. Nachdem wir uns sowohl von Innen wie auch von Außen für den Rallye-Tag gerüstet hatten, ging es wieder in Richtung Servicezelte  der Teams, wo sich bereits die ersten Fahrer eingefunden haben und sich auf den Start vor-

bereiteten und mit ihren Teamchefs die letzten technischen Dinge besprechen. Kurz vor 9.30 Uhr besteigen die ersten Piloten ihre Fahrzeuge und rollen aus den Boxen zum Start.

Nachdem der Start am Service Park erfolgt war, bestiegen auch wir unser Fahrzeug und machten uns auf den Weg zur 3. Wertungsprüfung „Schönes Moselland“. Nach einem längeren Gewaltmarsch von ca. 3,5 km statt den im offiziellen Magazin angegebenen 1,5 km, hatten wir dann endlich ein schönes Plätzchen hoch über der Mosel in den Weinbergen gefunden.

Mit einem wunderbaren Panoramablick war es uns möglich die Rallye-Fahrzeuge über weite Strecken zu verfolgen und die Fahrer bei ihrem heißen Ritt zu bewundern. Dabei war von unserem „Aussichtspunkt“ besonders die enge S-Kurve, sowie die kurz darauf folgenden 90o Kehren gut einzusehen. Mit spektakulären Drifts und dem unnachahmlichen Fauchen des Turboladers beim Herausbeschleunigen bewegten die Piloten ihre Autos durch die enge S-Kurve. Das Publikum dankte es den Fahrern mit lauten Jubelstürmen. Der einzige kleine Haken war, dass es plötzlich anfing in Strömen zu regnen. Das berühmt berüchtigte Eifelwetter schien seinem Ruf alle Ehre zu machen, was den beschwerlichen Rückweg zum Parkplatz nur noch länger und unangenehmer gestaltete. Endlich am Auto angekommen war unsere erste Handlung die nasse Kleidung zuwechseln und die Klimaanlage auf maximale Heizleistung zu stellen, um nicht nur die Kleidung, sondern auch die Rallyefans wieder auf zu wärmen. Aber einen echten Rallye-Fan kann das nicht erschüttern, also weiter geht’s.

Zwischen den beiden Wertungsprüfungen 3. und 4. stand für die Fahrer ein Besuch im Servicepark an. Dadurch  konnten wir unser nächstes Ziel, die 4. Wertungsprüfung„Ruwertal/Fell“, noch rechtzeitig erreichen.   Dabei hatten wir besonders den Zuschauerpunkt 8B im Augenmerk. Die Spitzkehre am Ortsrand von Fell. 

Dafür hatten wir auch dieses Mal wieder einen nahezu perfekten Platz gefunden. Direkt auf der am Streckenrand befindlichen Mauer konnten wir einen guten Blick auf die Strecke genießen und die Piloten beim Anstellen und Driften um die Kurve bewundern.

Leider schafften es nicht alle Fahrer ohne Probleme und im ersten Versuch um die Spitzkehre. Einige mussten den Wagen zurücksetzten, sonst wären sie in der Steinmauer gelandet auf der wir standen. Einer dieser Fahrer war der norwegische Ford-Pilot „Thomas Schie“, der einfach zu schnell diese Kehre angefahren war und ihm nach und nach die Straße ausging. Nachdem wir nahezu alle Fahrzeuge gesehen haben, machten wir uns auf den Rückweg nach Trier, da wir mit der Hotelrezeption telefonisch vereinbart hatten, dass wir bis 18.00 Uhr einchecken. Somit war der erste Rallye-Tag fast vorbei. Am (sehr) späten Abend trafen dann auch noch die letzten Angehörigen unserer kleinen Reisegruppe im Hotel ein. So dass wir dann kurz nach Mitternacht alle unsere verdiente Nachtruhe genießen konnten.

Samstag 6.45 Uhr der Wecker rappelt und eine müde Truppe kämpfte sich nach wenigen Minuten im Bad in Richtung Frühstücksraum durch. Nach einem ausgiebigen Frühstück und der Besprechung über den Ablauf des Tages fuhren wir zur 10. WP Panzerplatte. Allerdings fuhren wir nicht zur Arena Panzerplatte sondern ans Ende der Wertungsprüfung zum Besucherpunkt 8C Reichenbach, einer schnellen Anfahrt auf einer Militärstraße mit einer 90o Rechtsabbiegung. Doch bevor es losging hat mich eine andere Begebenheit viel mehr begeistert

Der Zusammenhalt der Rallye-Fans

Es spielt in dieser „Rallye-Familie“ überhaupt keine Rolle welches Team man unterstützt, welcher Nationalität jemand angehört oder welche Sprache man spricht. Benötigt jemand Hilfe beim Befestigen seiner Fan-Banner, ein Satz Kabelbinder oder jemand möchte einfach ein Bier mittrinken, ist es kein Problem die Umstehenden zu fragen Mit Garantie bekommt man Unterstützung in jeder möglichen Form.

Klappt es mit der Sprache nicht so ganz, so verständigt man sich mit „Hand und Fuß“.

Der alte Leitsatz „wenn dich jemand verstehen will, dann versteht er dich auch“ stimmt immer noch. Hier funktioniert Europa schon.

Walter Röhrl sagte einmal: „Rallyefans sind eine ganz besondere Sorte Fans. So wie wir, fuhren sie durch das ganze Land. Um die Action an den schönsten Stellen zu sehen, nahmen sie viele Kilometer und wenig Schlaf in Kauf. Ich war überzeugt, dass Rallyefans irgendwie cleverer als Rennfans waren.“

Nach diesem Erlebnis verstehe ich jetzt diese Aussage erst richtig. Doch meine Bewunderung für die „Rallye-Familie“ wurde durch das dröhnende Motorengeräusch der WRC’s unterbrochen.  Es ist immer wieder faszinierend mit welch fahrerischen Können und Geschick die Piloten ihre Fahrzeuge um die Strecke bewegen. Den spektakulärsten Drift am Zuschauerpunkt 8C legte „Toni Gardemeister“ auf den Asphalt.

Doch der interessanteste Vorfall war der Reifenschaden am Mitsubishi Lancer von Jürgen und Carsten Eichhöfer. Die Auslaufzone der 90o Rechtsabbiegung nutzten die beiden Piloten, um hier ungefährdet den platten Vorderreifen zu wechseln.

Nachdem alle Fahrzeuge die Strecke passiert haben warteten nicht nur wir, sondern auch hundert weitere Fans auf die Historischen Rallye-Fahrzeuge, bis uns ein Streckenposten darauf aufmerksam machte, dass die „Histos“ nur auf der Arena Panzerplatte fahren. In Windeseile machten wir uns auf den Weg um die Arena zu erreichen. Dort angekommen vernahmen wir schon den unvergleichlichen Sound der legendären Rallye-Klassiker.

Am Start waren: je zwei Mercedes 450 SLC 5.0, Renault R5 Maxi, Porsche 911, Ford Escort Mk.II, und je ein Mercedes G-Klasse, Opel Ascona A,  Opel Ascona B, Opel Manta B, Lancia Stratos, Lancia Delta Integrale, Renault Alpine A 310, Porsche 924 Turbo,  Saab 99 Turbo, Audi Quattro A1, Audi Sport Quattro S1, BMW 2002, BMW 3.0 CSi, Toyota Celica Turbo,  Alfa Romeo,  Austin Healey, VW Golf 1 GTI,  VW Golf 2 GTI .

Zumindest für unsere Gruppe waren die beiden Audis und der Lancia Stratos die Highlights der historischen Fahrzeuge. Wenn man überhaupt bei all diesen wunder-schönen Fahrzeugen drei herausgreifen darf?

Trotzdem, fanden wir am Lancia Stratos besonders interessant, dass es das erste Auto war, das eigens dafür gebaut wurde Rallyes zu gewinnen. Mit seiner keilförmigen Karosserie und seinem Ferrari Motor gewann der Stratos 1974-1976 die Weltmeisterschaft. Dabei siegten die Fahrer „Sandro Munari“ und „Björn Waldegård“ nahezu überall. Nur die Safari-Rallye konnten sie niemals gewinnen.

Mit dem Titel „Sieg einer Idee“ bezeichnet man heute die Ära der Audi Quattros die 1981 begann. Jedoch bestimmt diese „Idee“ auch heute noch die Rallye-Welt. Der Höhepunkt der Audi-Rallye Geschichte war mit Sicherheit die Zeit der legendären Gruppe-B-Fahrzeuge. Mit dem weitherzigen Reglement war den „Daniel Düsentriebs“ der Autohersteller fast keine Grenzen gesetzt. Somit waren auch den Fahrleistungen nahezu keine Grenzen bekannt.

Das Zitat der Rallyelegende Walter Röhrl belegt dies eindeutig: „Im Prinzip bist du bei dem Auto mit dem Denken schon zu langsam.“

So ist es auch nicht verwunderlich, dass nach den vielen tödlichen Unfällen bereits 1986 das Aus der Gruppe-B-Fahrzeuge kam.

Vielleicht ist gerade dies der Reiz der heute von diesen Boliden ausgeht, dass selbst gestandene Kerle Gänsehaut bekommen, wenn sie die Autos hautnah miterleben.

Im Anschluss an die historischen Rallye-Autos stand die 14. und letzte WP des Samstages auf dem Programm. Durch die kurze Zeit die zwischen den „Histos“ und den WRC’s lag, wurde einem die technische Weiterentwicklung, die die Fahrzeuge in den letzten 25 Jahren erfahren haben, noch intensiver bewusst. Gerade eben noch donnerte der 550 PS starke Audi S1 an uns vorbei und eine halbe Stunde später der amtierende Weltmeister mit seinem aktuellen Citroën.

Sonntagmorgen 6.30Uhr zum letzten Mal rappelt der Wecker für unsere kleine Gruppe in Trier. Wieder quälte sich eine müde, abgekämpfte Truppe in den Frühstückraum zur Nahrungsaufnahme. Kaffee kann schon wahre Wunder bewirken.

Nachdem wir gestärkt waren führte unsere Fahrt wieder an die schöne Mosel zur 16. Wertungsprüfung „Moselwein 1“, da wir von einen „Schotterspion“ erfahren haben, dass gegen eine schöne Prüfung in den Weinbergen auch kein „Circus Maximus“ ankommen kann. Unser Ziel war der Besucherpunkt 8C „Weierbach-Kehre“. Ein steiler Hang über einer Spitzkehre mit einer Aussicht von über 1km. Nach einer langen Anfahrt über einen Waldweg mit vielen Schlaglöchern und Unterholz eröffnete sich uns ein großer Parkplatz und ein beeindruckendes Panorama über die Moselweinberge, allerdings auch die steilen Hänge, die im offiziellen Magazin beschrieben wurden.

Nach einem zwar kurzen, aber nicht minderschweren Ab- und Aufstieg lag vor uns die Spitzkehre mit ihren steinernen Wänden. Während wir warteten kamen wir mit anderen Rallyefans ins Gespräch. Dabei zeigte uns ein älterer Herr ein Foto auf dem zu sehen war, wie ein Ford Focus mit ca. 160 km/h mit einem Reh kollidierte. Zum Glück blieben beide Piloten unverletzt. Dann ging es auch schon los und die WRC-Fahrzeuge donnerten auf die Spitzkehre zu und um sie herum. Nachdem alle WRC’s und auch die Führenden der DRM die Spitzkehre passiert hatten, teilte sich unsere

kleine Rallyegemeinschaft in zwei Gruppen auf. Da einige von uns es noch versuchen wollten zum „Circus Maximus“ zu gelangen brach ein Teil der Gruppe auf in Richtung Trier. Die andere Gruppe entschloss sich in den Service Park zu fahren um das Endergebnis mit den Teams abzuwarten. Ein Ford-Fan unter uns fragte einen Mechaniker, ob er bereits weiß auf welchem Platz Marcus Grönholm gelandet sei. Als dieser ihm antwortete, dass es im Moment keinen Kontakt zu Marcus gäbe und sie nicht sicher sein konnten, ob es nicht zu einem Unfall gekommen ist, machten auch wir uns unsere Gedanken. Später sollten wir erfahren, dass Marcus von einer Kuh irritiert wurde und nicht mehr auf die Anweisungen seines Beifahrers Timo Rautiainen geachtet hatte. Durch diesen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit schlug der Focus mit einer immensen Wucht hinten rechts in eine Mauer ein. Durch diesen Zwischenfall verlor das Ford-Spitzenduo knapp eineinhalb Minuten und damit die Platzierungen zwei und drei.

In der Gesamtwertung reduzierte Sébastien Loeb seinen Rückstand von 13 auf acht Punkte. Nachdem das Endergebnis feststand traf sich unsere Gruppe vor unserer Pension und ließ den Nachmittag noch gemütlich ausklingen, bevor wir uns auf den Weg nach Hause machten.

 

Alles in Allem war unser Ausflug ein voller Erfolg.

Unsere Reisegruppe: Mark, Eddy, Frank, Hermann, Christoph, Steffen, Fotograph Robert